Press Front Group

Interview von sport.ch mit Front Group

Hajrovic-Transfer: Chancen und Gefahren

Von Mathias Germann@sport.ch
Original-Artikel: sport.ch
Von den Grasshoppers zu Galatasaray Istanbul: Izet Hajrovic wagt einen grossen Schritt. Aber wird er reüssieren? Wovon hängt dies ab? Wie sollte er sich verhalten? sport.ch sprach mit einem Fachmann darüber: Renato Cedrola von der »Front Group».

Der Managing Director ist Spielervermittler und Berater und fädelte den Transfer von Oscar Ezequiel Scarione von St. Gallen zum türkischen Verein Kasimpasa SK ein. Er kennt den türkischen Fussball und dessen Besonderheiten ganz genau.
sport.ch: Renato Cedrola, Izet Hajrovic und Galatasaray Istanbul. Wird das gut gehen? Renato Cedrola: Eine schwierige Frage. Einerseits hat Izet viel Potential, anderseits ist seine Konkurrenz bei Galatasaray sicher nicht schlechter. Er muss sich also aufdrängen, denn er kommt wohl vorerst »nur» aus der zweiten Reihe. Die Begeisterung bei der Ankunft Hajrovics in Istanbul war gross… Das dürfen Sie nicht überschätzen. Da waren vielleicht 30 Fans, bei berühmteren Spielern sind es aber rasch Hunderte. Sind Sie überrascht, dass Hajrovic in die Türkei wechselt? Nein, überhaupt nicht. Momentan ist es so, dass viele Vereine der Süper Lig in ganz Mitteleuropa nach Spielern mit türkischem Pass suchen, um diese unter Vertrag zu nehmen. Weil in der kommenden Saison die Ausländerrestriktion noch einmal verschärft wird? Genau. Ab 2014/15 werden nur noch fünf statt sechs Ausländer auf dem Matchblatt stehen, dazu nur drei weitere überhaupt im Kader fungieren. Warum diese neue Einschränkungen? Das Ganze ist eine Reaktion auf die ausbleibenden Erfolge der Nationalmannschaft. Der Verband möchte die Klubs zwingen, vermehrt auf junge einheimische Spieler zu setzen. Hätte Galatasaray Hajrovic nicht verpflichtet, wenn dieser keine türkischen Verwandte hätte? Noch hat er den Pass ja nicht… Das ist hypothetisch. Aber Izet hat dank diesem Fakt einen grossen Vorteil gehabt. Ist der Druck, der auf ihm lastet, dadurch kleiner? Nein. Wissen Sie, wenn man bei Galatasaray spielt, ist immer Druck da – egal ob man eine Ausländerlizenz beansprucht oder nicht. Wäre es besser gewesen, zu einem »kleineren» Verein zu wechseln? Bei Oscar Scarione hat dies bestens geklappt, er ist bei Kasimpasa Topskorer und ligaweit einer der besten Spieler überhaupt… Das kann man nicht vergleichen. Ohne dass ich Izet genau kennen würde kann ich sagen: Oscar hat schon viel erlebt, ist deutlich älter und wurde von Kasimpasa über einen längeren Zeitraum genau beobachtet. Wir waren überzeugt, dass der Verein zu ihm und er zum Verein passt. Oscar wurde als Schlüsselspieler verpflichtet, Izet dagegen wohl eher als Perspektivspieler. Wie soll sich Hajrovic Ihrer Meinung nach verhalten: Eher forsch und frech oder vor allem bescheiden? Er muss eine Mischung finden. Er sollte entschlossen sein, an sich glauben und beispielsweise auch Bälle fordern. Dazu kann er durchaus auch den Anspruch erheben, den einen oder anderen Freistoss schiessen zu dürfen. Anderseits darf er sich nun nicht als Star fühlen, denn mit seinen berühmten Teamkollegen sollte er es sich nicht verspielen… Didier Drogba, Wesley Sneijder, Felipe Melo, Alberto Riera – das sind alles grosse Namen bei Galatasaray… Ja, und mit John Terry könnte bald ein nächster Top-Spieler folgen. Die Qualität des Kaders ist enorm, wobei es auch viele Charakterköpfe gibt. Verhält sich Izet normal, wird das aber keine Probleme mit sich ziehen. Welche sind die grössten Unterschiede der Süper Lig im Vergleich zur Super League? Es geht sicher alles ein wenig schneller, dazu ist die Gangart härter – die Aggressivität in den Zweikämpfen kann derweilen gross sein. Fehler werden schneller bestraft als in der Schweiz. Izet muss sich darauf gefasst machen, dass Trainer Roberto Mancini bei schlechten Leistungen nicht lange fackelt. Da sitzt man schnell wieder auf der Ersatzbank. Dazu kommt der erwähnte Druck von aussen, der auch durch die vielen fanatischen Fans entsteht. Was kann man dagegen tun? Nichts, das ist einfach so. Wichtig ist, dass Izet sich bei Interviews zurückhaltend, aber freundlich äussert. Denn allzu forsche Äusserungen können schnell einen Bumerang-Effekt haben, wenn man schlecht spielt. Letzte Frage: Ist dieser Transfer im Hinblick auf die WM in Brasilien geschickt? Das wird man sehen, alles hängt von Izets Leistungen ab. Ich hoffe aber sehr, dass er sich vor dem Wechsel mit Nati-Coach Safet Susic abgesprochen und dessen Meinung eingeholt hat. Denn: Eine WM mit Bosnien-Herzegowina, das durchaus eine gute Rolle in Brasilien spielen kann, ist auch für ihn eine Riesenchance. Wenn er es ins Aufgebot schafft…