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Interview M. Jacobacci mit LAOLA1.at

«Wir setzen uns nicht in die Favoritenrolle»

Der FC Wacker Innsbruck hat im Sommer einen kleinen Umbruch durchgeführt.

Nach Platz drei und 21 Punkten Rückstand auf Meister SKN St. Pölten hat General Manager Ali Hörtnagl reagiert und neben sechs neuen Spielern (Harald Pichler, Dominik Baumgartner, Roman Kerschbaum, Michael Schimpelsberger, Claudio Holenstein und Patrik Eler) auch einen neuen Coach installiert.

Der Italo-Schweizer Maurizio Jacobacci soll den Tiroler Traditionsverein wieder in die Bundesliga führen.

Im Gespräch mit LAOLA1 verrät er, was er als Co-Trainer von Marcel Koller gelernt hat, welche Gemeinsamkeit er mit Rapids Neo-Coach Mike Büskens hat und was er von der Kritik Tiroler Zeitungen an den Transfers von Baumgartner und Kerschbaum hält.

LAOLA1: Herr Jacobacci, woran haben Sie sich am neuen Arbeitsumfeld am meisten gewöhnen müssen?

Jacobacci: Im Vergleich zu den Arbeitsstätten, die ich in den letzten sieben Jahren hatte (Schaffhausen und Kriens, Anm.), ist alles professioneller. Ich kann mich auf die wesentlichen Sachen konzentrieren, bin nicht mehr Sportchef und Trainer zugleich. Das gibt mir natürlich mehr Möglichkeiten, mich auf die Arbeit am Platz fokussieren zu können. Mit Ali Hörtnagl habe ich natürlich einen Top-Manager zur Seite.

LAOLA1: General Manager Hörtnagl war in der Transferphase sehr fleißig. Das Transferfenster ist noch bis 31. August geöffnet, doch das Programm dürfte abgeschlossen sein.

Jacobacci: Genau, wir haben jetzt alles unter Dach und Fach gebracht. Der Kader ist sehr ausgeglichen, hat eine gute Qualität. Jetzt gilt es neue Sachen umzusetzen, das braucht natürlich noch etwas Zeit. Das wird auch noch zum Meisterschaftsbeginn etwas dauern. Es dauert mindestens drei Monate, bis gewisse Dinge wirklich funktionieren und dann auch automatisch umgesetzt werden können. Die Mannschaft hat aber vom ersten Trainingstag bis heute richtig mitgezogen. Ich habe auch wenig Verletzte, das ist etwas sehr Positives und spricht für unsere Arbeit.LAOLA1: Mit Patrik Eler ist ein weiterer Top-Stürmer der letzten Saison zum FC Wacker gekommen, letzte Saison hat man meistens mit einem 4-2-3-1 System gespielt. Stellt man auf zwei Spitzen um, um Eler und Thomas Pichlmann spielen zu lassen?

Jacobacci: Das ist natürlich eine Möglichkeit. Im Moment muss Eler noch seinen Trainingsrückstand wettmachen, er war doch lange verletzt. Ich habe jetzt die Alternative, im Verlauf eines Spiels oder davor je nach Situation und Gegner etwas zu ändern. Das ist eine wichtige Sache, die für das Team spricht.

«Vor allem wollen wir eine solide Defensive stellen.»

LAOLA1: Am Trainingsplatz haben Sie sehr akribisch gewirkt. Würden Sie sich selbst auch so beschreiben?

Jacobacci: Ich bin schon jemand, der auf eine gewisse Akribie setzt. Laufwege müssen stimmen, damit das Spiel auch einen Fluss hat und man sich Räume öffnen kann. Man kann aber auch Räume schließen, wenn man die Laufwege falsch umsetzt. An diesen taktischen Aspekten arbeiten wir, vor allem wollen wir eine solide Defensive stellen. Wir wollen wenig Gegentore bekommen und da gilt es, das jeder antizipiert und gegen den Ball presst und verteidigt. Da muss jeder mitmachen, denn wenn es einer vergisst, kann es verheerende Folgen haben. Mit der Zeit werden wir diese Ideen perfektionieren und dann gibt es eine gewisse Harmonie im Zusammenspiel zwischen zwei oder drei Spielern. Auf diese Arbeit lege ich sehr viel Wert.

LAOLA1: Sind Sie abseits des Platzes eher der Kumpel-Typ wie Jürgen Klopp oder bewahren Sie doch eine gewisse Distanz als Chef?

Jacobacci: Ich habe eine normale Gangart mit den Spielern. Ich stelle mich nicht über sie. Für mich ist wichtig, dass wenn wir auf den Platz stehen, eine klare Abmachung haben, dass sie konzentriert arbeiten. Neben dem Platz bin ich ein normaler Mensch, aber es wird nie so sein, dass ich ein Kumpel bin. Ich bin zugleich auch einer, der es lustig haben will mit den Spielern, wenn es der Moment zulässt.

LAOLA1: Wie kam es zum Kontakt mit dem FC Wacker? Keiner hatte Sie bis zu Ihrer Vorstellung auf der Rechnung.

Jacobacci: Es ist tatsächlich alles sehr kurzfristig gewesen. Mein Berater kannte Ali Hörtnagl sehr gut, so kamen wir ins Gespräch. Wacker Innsbruck habe ich seit mehreren Jahren beobachtet, auch wenn nicht immer alles perfekt gelaufen ist. Ich kenne Wacker sehr gut, und als Swarovski Tirol oder noch früher hatte man große Erfolge. In den letzten Jahren war es ein Auf und Ab. Ich mache mir immer ein paar Gedanken und schaue über die Grenzen hinaus und habe zufälligerweise auf der Homepage des Vereins gesehen, dass der Trainer freigestellt worden ist. So kam es dazu, dass ich meinen Berater gefragt habe, ob er einen Kontakt zu Hörtnagl herstellen kann. Wir haben uns dann kurzfristig getroffen und bei der ersten Kontaktaufnahme waren wir auf einer Wellenlänge. Wir haben über den Fußball philosophiert, meine Art Trainer zu sein und wie Hörtnagl seinen Job ausrichtet. Die Mission 2020 fand ich sehr interessant und das Ziel Aufstieg in dieser Saison war auch ein Grund, weshalb es mich interessiert hat. Meine letzten beiden Klubs haben das gleiche Szenario durchlaufen.

LAOLA1: Der Aufstieg ist Pflicht, doch ist man auch Favorit auf den Meistertitel?

Jacobacci: Es ist eine interessante Aufgabe. Aber ich möchte noch einmal betonen, diese Aufgabe bedeutet nicht „Wir sind klarer Favorit“. Wir bekennen uns, dass wir aufsteigen wollen, aber wir setzen uns nicht in die Favoritenrolle. Es gibt andere Klubs wie LASK Linz die auch aufsteigen wollen. Und es gibt Klubs wie Austria Lustenau, die vielleicht auch etwas mit dem Aufstieg zu tun haben wollen. Vielleicht gibt es eine Überraschungsmannschaft, die auch noch aufsteigen will.

LAOLA1: Sie haben nur einen Vertrag über ein Jahr (plus Option), ebenso Rapid Wiens neuer Trainer Mike Büskens. Er wird für ein Jahr im Hotel wohnen. Ist das für Sie auch vorstellbar?

Jacobacci: Ich habe die letzten viereinhalb Jahre bei Schaffhausen im Hotel gewohnt. Meine Lebenspartnerin und ich haben unseren Hauptwohnsitz in Luzern. Im Hotel zu leben war für mich keine Belastung. Die Situation, die gegeben war, war eine sehr gute. Ich brauchte keine Möbel kaufen, ich hatte eine gute Unterkunft und eine gute Verpflegung. In Innsbruck wohne ich auch momentan im Hotel und kann mir durchaus vorstellen, wie in Schaffhausen dort zu bleiben. Aber so wie es aussieht, werde ich doch in nächster Zeit in eine Wohnung umziehen.

«Er ist einer, der sich immer treu geblieben ist, auch im Erfolg.»

Jacobacci über Marcel Koller

LAOLA1: Sie waren 39 Spiele lang Co-Trainer von Marcel Koller. Was ist von ihm in Erinnerung geblieben und hat es etwas gegeben, das Sie sich abgeschaut haben?

Jacobacci: Gewisse Sachen schaut man sicher immer ab. Er ist auch ein sehr akribischer Trainer und arbeitet sehr ziel- und zesultatorientiert. Das hat auch die Nationalmannschaft erfahren dürfen. Die Leute sind von ihm begeistert, ich glaube auch nicht, dass die Europameisterschaft irgendetwas daran ändert. Er ist einer, der sich immer treu geblieben ist, auch im Erfolg. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, man sollte immer wissen, woher man kommt. Das versuche ich genauso umzusetzen wie seine Art und Weise, wie er mit Menschen umgeht. Ohne die Spieler kann ich als Coach nichts vollbringen. Erfolge sind ja auch nicht nur das Resultat nach einem Spiel, sondern auch junge Spieler zu Höchstleistungen zu animieren. Ich alleine kann nichts bewegen. Ich brauche die Spieler, das Trainerteam, die Physios, die Konditionstrainer, den Zeugwart, aber auch die Geschäftsstelle, einen Vorstand der mitwirkt und den Trainer in Ruhe arbeiten lässt. Selbst die Medien sind ein wichtiger Teil. Auch eine kritische Bemerkung kann sehr wichtig sein, solange sie nicht unter der Gürtellinie ist. Die Redakteure wollen ja auch, dass der Verein aufsteigt um in Zukunft wieder über einen Bundesliga-Klub zu schreiben.

LAOLA1: Apropos Medien: In den Tiroler Zeitungen wurde kritisiert, dass man mit Dominik Baumgartner (19) und Roman Kerschbaum (22) zwei Talente verpflichtet hat, die nicht aus Tirol kommen und so einen Tiroler den Platz im Kader verbauen. Können Sie so etwas nachvollziehen?

Jacobacci: Sicher ist es wichtig, die Region in Betracht zu ziehen. Ich hatte ja nur wenig Einfluss in die Transfers, nur bei Claudio Holenstein habe ich mitgearbeitet. Ich glaube, schlussendlich ist es wichtig, dass man sich vor allem zunächst in Österreich umsieht, welche junge Spieler es gibt, die beim FC Wacker Innsbruck zum Spielen kommen. Wir haben nur drei ausländische Spieler, sonst sind alle aus Österreich. Das ist wichtig. Wir haben zudem noch mit Simon Pirkl, Rami Tekir oder Michael Lercher genügend junge Spieler, die aus Tirol sind. Das ist eigentlich schon recht viel. Man sollte etwas nicht zu stur forcieren, am Schluss zählt es nämlich nur, dass man die Spiele gewinnt. Wenn ich nur mit Innsbrucker Talenten spiele und jedes Mal einen auf den Deckel bekomme, freut es die Zuseher auch nicht. Am Schluss ist nur entscheidend, dass sich die Spieler mit dem Verein identifizieren und wirklich ein grün-schwarzes Blut zu haben.

 

Das Gespräch führte Julian Saxer