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Bericht über Yago GOMES (FC Vaduz) im Sarganserländer.

FLUMSER ROHDIAMANT

«Fussball ist mein Leben», sagt der Flumser Yago Gomes. Beim FC Vaduz will der 19-jährige Mittelfeldspieler in der Challenge League weitere Fortschritte machen.

von Reto Voneschen

Ein Abstieg hat oft emotionale Begleitumstände. Mit einem durch Chaoten provozierten Spielabbruch endete die lange Zeit der – mittlerweile wieder aufgestiegenen –Grasshoppers im Oberhaus vor zwei Jahren. Und als der FC St. Gallen 2008 ausgerechnet im letzten Spiel auf dem Espenmoos in die Challenge League abstieg, verwüsteten erzürnte Fans das legendäre Stadion.

Eine Baustelle ist derzeit auch das Rheinparkstadion in Vaduz. Allerdings nicht wegen aufgebrachter FCV-Fans. Nein, so überraschend wie die Liechtensteiner vor einem Jahr in die Super League aufstiegen, so unaufgeregt nahmen sie auch den Wiederabstieg hin. Das tiefste Budget der höchsten Schweizer Spielklasse liess keine grossen Sprünge zu. Und doch hätte es beinahe zumindest für die Barrage gereicht – im letzten Spiel gab der FCV den Vorsprung auf Sion noch preis.

Die Arbeiten im Nationalstadion symbolisieren beinahe so etwas wie Aufbruchstimmung. Der Rasen muss erneuert werden, die ersten Heimspiele trägt der FC Vaduz im rund 120 Kilometer entfernten Schaffhausen aus. Für das Heimspiel in der zweiten Qualifikationsrunde zur Uefa Conference League in einer Woche reicht auch der benachbarte Sportpark in Eschen. Das Vaduzer Kader erfuhr trotz des Abstiegs keine grossen Veränderungen. Für die in die Jahre gekommenen Mohamed Coulibaly und Boris Prokopic kamen Simone Rapp (Ex-St. Gallen, Lausanne, Thun) und Kristijan Dobras (Linz).

AN DEN LIGAERHALT GEGLAUBT

Statt auf grosse Namen setzen die Vaduzer auf einheimisches Schaffen. Ein Paradebeispiel dafür ist Yago Gomes. Via der U18 Liechtensteins und der FCV-Reserve (2. Liga) schaffte es der Flumser vor zwei Jahren in die Profimannschaft. 14 Spiele in der Super League hat der 19-jährige Mittelfeldspieler in der letzten Saison bislang absolviert, elf in der zweitobersten Klasse eine Spielzeit davor.

«Ja», sagt Gomes auch mit ein wenig Abstand, «ich war überzeugt, dass wir den Ligaerhalt schaffen.» Dies vor allem, weil die Vaduzer im Kalenderjahr 2021 die drittbeste Mannschaft der Super League waren. Auch weil Trainer Mario Frick immer mehr auf die «jungen Wilden» wie Gomes oder den Murger Dejan Djokic setzte. «Der Abstieg war wirklich bitter», ärgert sich der Flumser noch heute. Mit einer Knieverletzung musste er die entscheidende 1:4-Niederlage gegen den FC Zürich auf der Letzigrund-Tribüne verfolgen.

Nun will sich Yago Gomes für neue Taten beim Liechtensteiner Vorzeigeklub präsentieren. Ein Rollenspieler wolle er werden, sagt der Mittelfeldakteur, nicht mehr «nur» Ergänzungsspieler. Da hilft ihm doch – rein persönlich – der Abstieg in die Challenge League, wo Tempo und Gegenspieler nicht ganz so hochkarätig sind? «Nein», sagt Gomes beinahe entrüstet, «ich hätte viel lieber in der Super League gespielt. Es ist doch viel geiler, in der höchsten Liga zu spielen.»

VON DER BANAU IN DIE WEITE WELT

Viel hat er dafür geopfert, um Profi zu werden. Mit vier Jahren kam Gomes von Brasilien in die Schweiz, der Heimat seiner Mutter. In Flums wuchs er direkt neben der Banau auf. Stundenlang kickte «Klein-Yago» dort, auch heute noch ist er oft auf dem Flumser Fussballplatz zu finden. «Meine Mutter erzählte mir, dass ich als kleiner Junge oft Heimweh hatte», so Gomes, mit dem Fussball fiel es ihm dann viel leichter, Anschluss in einem für ihn fremden Land zu finden. Mit zehn Jahren wechselte das Talent in den Stützpunkt Süd der Nachwuchsorganisation Future Champs Ostschweiz (FCO) in Mels, mit zwölf zog Gomes in den damaligen FCO-Campus im thurgauischen Bürglen.

Ein grosser Schritt. Zwei Jahre lebte er bei Gasteltern, schloss die beiden letzten Oberstufen-Schuljahre ab. «Ich wurde selbstständig in dieser Zeit», schaut Gomes zurück. In der FCO-U14 war er auch Captain, eine Stufe weiter oben sass er aber nur noch auf der Bank. Das Selbstvertrauen litt, der Ärger wuchs. Der Wechsel in die U16 des Teams Südostschweiz war die Folge. Eine mögliche Profikarriere beim FCV war auch ein Grund zum späteren Wechsel in die U18 des Liechtensteiner Verbandes. Dafür nahm er dann auch die «Ochsentour» mit der zweiten FCV-Equipe in der 2. Liga – unter anderem auch gegen den FC Mels – in Kauf.

ROT STATT DIPLOM

«Fussball ist mein Leben», sagt Yago Gomes kurz und knapp. Dass sich mit dem Sprung zu den Profis ein Bubentraum erfüllt hat, macht ihn stolz, «aber es ist noch viel Luft nach oben». Ein glamouröses Leben führt man nicht als FCV-Spieler, ganz auf Fussball hat auch der Halb-Brasilianer nicht gesetzt. Die Fachmittelschule (FMS) der Kanti Sargans war der Kompromiss mit den Eltern. Pflichtbewusst schloss er diese ab, obwohl er gegen Ende der FMS schon im Vaduzer Profikader stand. Statt Diplomübergabe hiess es vor rund einem Jahr Meisterschaftsspiel in Schaffhausen. Und statt dem Fachdiplom erhielt Gomes dann seine erste Rote Karte überreicht. Innerhalb von zwei Minuten wurde der etwas übermotivierte Mittelfeldspieler bei seinem Startelfdebüt zweimal verwarnt. Dass der Youngster in der richtigen Spur bleibt, dafür sorgt auch der ältere Bruder Yuri Gomes. Ebenfalls ein talentierter Fussballer, der seit diesem Frühling beim Fast-2.-Liga-Aufsteiger Bad Ragaz kickt.

Die Rückkehr in die Belle Etage des Schweizer Profifussballs ist für den FC Vaduz ein «Darf», aber kein «Muss». Die Anzahl der Dauerkarteninhaber dürfte gleich gross bleiben, den erhöhten Ticketeinnahmen in der Super League durch die Gästefans stehen die zusätzlichen Sicherheitskosten gegenüber. «Oben mitspielen», nennt darum Yago Gomes die Zielsetzung für die neue Saison, welche heute mit dem Hinspiel gegen Ujpest (Ung) in der Conference-League-Quali beginnt. «Deine Zeit wird kommen, bleib dran», prophezeite Coach Frick seinem jungen Schützling im letzten Herbst, als es Tiergarten mit dem «Zwei» statt Stade de Suisse mit den Profis hiess. Mit Mentaltraining und Personal Coach hat sich Gomes vorbereitet. Die neue Saison kann kommen.