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Tagblatt: Die Hintermänner des Fussballs

Tagblatt 25.01.2012, Text Markus Zahnd

Die Hintermänner des Fussballs

Geldgierig,  skrupellos,  egoistisch  – der  Ruf der Spielerberater ist schlecht. Oft  zu Unrecht, sagt  Renato Cedrola, einer der knapp 60 in der  Schweiz  lizenzierten Berater. Er gibt aber zu, dass Berater auch eigene Interessen vertreten müssen

FUSSBALL. Die Telefone der Sportchefs klingeln pausenlos, Spieler wechseln für teilweise hor- rende Summen den Verein, Verträge werden mehr oder weniger gütlich aufgelöst. Dies  alles  sind untrügliche  Zeichen dafür, dass ein Transferfenster offen ist. Doch nicht nur die  Telefone der  Sportchefs stehen kaum still,  in dieser Zeit – im Winter ist das internationale Fenster bis am 31. Januar und das  nationale bis  am  29. Februar offen  – haben auch die  Spielerberater eine Menge Arbeit.

Spielerberater oder Spielerver mittler, wie sie beim Weltverband Fifa offiziell  genannt werden. Sie verrichten eine Arbeit, die  einen schlechten Ruf hat. Sie seien geldgierig,  skrupellos und egoistisch, oder – wie  es  Zürichs Sportchef Fredy Bickel einmal ausdrückte «schlicht lästig».  Renato Cedrola hat Verständnis für diese Aussage. «Ich kann mir vorstellen, dass die Sportchefs nicht an allen Beratern Freude haben», sagt der St. Galler, der  seit  mehr als zehn Jahren als Berater tätig ist. Dennoch seien er und seine Kollegen besser als ihr Ruf. «Die meisten arbeiten sauber und vertreten einfach die Interessen der Spieler.»

An der Transfersumme beteiligt

Das dies nicht immer gleichbedeutend mit den Interessen der Clubs sind, versteht sich. Schliesslich geht es im Fussball meist um viel Geld. Und Menschen würden viel für Geld machen, sagt Cedrola. Schliesslich lebt ein Berater davon,  für die bei ihm unter Vertrag stehenden Spieler gutdotierte Verträge abzuschliessen – und dabei mitzuverdienen. «Wir Berater verdienen entweder an der Transfersumme oder erhalten einen Anteil des  Lohnes. Wenn wir an der Transfersumme beteiligt sind, beträgt unser Anteil  fünf  bis  zehn Prozent», sagt  Cedrola. In diesem Zusammenhang ist auch das  Urteil von St. Gallens Sportchef Heinz Peischl einzuordnen. «Auch wenn es nicht auf  alle zutrifft: Es gibt Spielerberater, die mit  unseriösen Methoden zu Werke  gehen, denen die Höhe der Vermittlungsprovision am wichtigsten ist und denen das  Wohl  der  Spieler zweit- oder drittrangig ist.» Ein Problem, das auch Cedrola nicht abstreitet. Oftmals würden bei einem Transfer zu viele Personen am  Tisch  sitzen. «Es ist manchmal schwierig, wenn auch Familienmitglieder mitreden wollen. So ist es ab und zu sehr kompliziert, die Interessen sämtlicher Parteien unter einen Hut  zu bringen.» Wobei die Vertretung durch Angehörige nicht  verboten  ist. Das «Spielervermittler-Reglement»   der    Fifa besagt, dass neben lizenzierten Beratern oder Rechtsanwälten «Elternteile,  Geschwister oder Ehepartner eines Spielers diesen beim Aushandeln oder Neuverhandeln eines Arbeitsvertrages vertreten dürfen».

Happige Prüfung r die Lizenz

Ohne Familienzugehörigkeit ist der Weg, Spielerberater zu werden, allerdings nicht einfach. Bevor die  Prüfung beim entsprechenden  Landesverband absolviert werden kann, müssen  die Kandidaten einige Voraussetzungen erfüllen. So zum Beispiel eine abgeschlossene Berufslehre oder das  Erbringen des  Nachweises, einen tadellosen Leumund zu besitzen. Erst  dann werden die  Bewerber zur   Prüfung zugelassen, die  in der  Schweiz zweimal jährlich durchgeführt wird.  «Die Prüfung ist happig», erinnert sich Cedrola, «man muss die  nationalen und  internationalen Transferreglemente  sowie Teile   des   Zivil- und  Obligationenrechts beherrschen.»  In der Schweiz  gibt es knapp 60 Personen, die  eine Lizenz als Spielerberater besitzen. Und diese Berater seien für die Spieler ungemein wichtig, sagt Cedrola: «Wenn die  Spieler niemanden an der Seite  haben, der das Geschäft kennt,  werden sie von den Clubs über den Tisch gezogen.» Auch  Peischl sieht trotz schlechter Seiten durchaus einen Nutzen: «Die Berater nehmen in einem gewissen Sinn die Funktion eines Scouts ein.  Denn die  meisten verfügen über ein dichtes Beziehungs- und Beobachtungsnetz, welches der Club indirekt nutzen kann.»  Und er fügt an: «Das  Fussball-Business wäre ohne die Berater kaum  grundlegend anders.»

«Niemand wartet auf Dich»

Sich dieses Netz  zu erarbeiten, ist ein hartes Stück   Arbeit.  «Es wartet niemand auf  Dich»,  sagt Cedrola. Mittlerweile gebe es aber Spieler, die zu ihnen kommen. Die Front Group, die Cedrola mit Bruder Michele führt,  konzentriert sich  auf  junge Spieler. «Früher waren wir  bei  einigen grösseren Deals beteiligt, zum Beispiel beim Transfer von  Gonzalo Higuain zu Real  Madrid. Doch mittlerweile konzentrieren wir  uns vor  allem auf junge Spieler, die wir fördern.» Die Cedrolas stehen dabei in engem   Kontakt  mit den rund 30 Spielern, die  sie unter Vertrag haben. «Wir helfen ihnen, die Karriere zu planen, aber auch bei Fragen,  die das normale Leben betreffen.»  Trotz dieser Nähe sagt Renato Cedrola aber auch deutlich,  dass man letztlich die  eigenen Interessen vertrete. «Daher ist eine gewisse Schlauheit eine wichtige Voraussetzung für unseren Job.»

Dazu gehört indes nicht, was derzeit bei Xamax geschieht. Nach dem Lizenzentzug versuchen die Berater der  Spieler, diese anderswo  unterzubringen. Das  nimmt zuweilen groteske Züge an: Einige Spieler werden den Clubs von bis zu  fünf verschiedenen Beratern angeboten. Das trägt nicht gerade zur Verbesserung des  Rufes  der Spielerberater bei.

PERSON

Der St. Galler Renato  Cedrola ist 47jährig.  Nach einer kaufmännischen Ausbildung  und Weiterbildungen im Ausland war er im Textilsektor tätig. Heute  führt er mit seinem Bruder Michele die in St. Gallen domizilierte Front Group, die Fussballreisen organisiert, in erster Linie aber Fussballspieler berät. So ist Renato  Cedrola ausschliesslich als Spielerberater tätig. Vor fünf Jahren erwarb er dazu die Lizenz des Schweizerischen Fussballverbandes, vorher arbeitete er als Berater bereits mit einem Anwalt zusammen. Die Front Group berät  rund 30 Spieler, darunter Oscar Scarione oder Ivan Martic vom FC St. Gallen.